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Der Besitz eines Eigenheims – für viele ein zentrales Lebensziel. Doch oft stehen dem Traum finanzielle Hürden im Weg. Eine Alternative zum klassischen Hausbau oder Hauskauf inklusive Grundstück ist eine Erbpacht bzw. ein Erbbaurecht. Doch wie genau funktioniert das Erbbaurecht? Und für wen ist dieses Modell besonders attraktiv? Erfahren Sie die Vorteile und Nachteile sowie die Besonderheiten des Erbbaurechts.
Was ist eine Erbpacht bzw. das Erbbaurecht?
Unter Erbpacht ist eine veraltete Form des Grundbesitzes zu verstehen. Sie wurde bereits Mitte des 20. Jahrhunderts in Deutschland abgeschafft. Vergleichbar, wenn auch nicht vollständig synonym, ist das Erbbaurecht, das im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) festgelegt ist. Das Erbbaurecht beschreibt das grundstücksgleiche Recht, ein Bauwerk auf einem fremden Grundstück zu bauen oder zu kaufen. Das müssen Sie über das Erbbaurecht wissen:
- Bei einem Erbbaurecht handelt es sich um ein Nutzungsrecht des Grundstücks. Somit besitzen Sie als Käuferin oder Käufer nicht das Grundstück, auf dem die Immobilie steht, sondern lediglich das Bauwerk.
- Gehen Sie ein Erbbaurecht ein, haben Sie die Verpflichtung, das Grundstück zu bebauen.
- Der Unterschied zur Erbpacht besteht im Wesentlichen in der Laufzeit. Während bei einer Erbpacht keine zeitliche Begrenzung für die Nutzung des Grundstücks bestand, wird diese bei einem Erbbaurecht auf einen begrenzten Zeitraum festgesetzt. Meist umfasst dieser zwischen 50 und 99 Jahre.
- Um ein Erbbaurecht zu erlangen, wird ein Erbbaurechtsvertrag zwischen dem Erbbaurechtsnehmer und dem Erbbaurechtsgeber – häufig Kirchen, Kommunen wie Städte oder Stiftungen – geschlossen. Der Vertrag regelt Einzelheiten bezüglich des Erbbaugrundstücks und des Bauwerks. Durch die Unterzeichnung beim Notar wird der Erbbaurechtsnehmer zum Eigentümer der bestehenden oder zu bauenden Immobilie, nicht aber des Grundstücks, das weiterhin dem Erbbaurechtsgeber gehört.
- Nach der Unterzeichnung des Vertrages erfolgt die Eintragung des Erbbaurechts sowohl in das Grundbuch des Grundstücks als auch in ein Erbbaugrundbuch.
Erbbaurecht: Vorteile und Nachteile
Als Bauherrin oder Bauherr müssen Sie einiges beachten, wenn Sie ein Erbbaurecht in Anspruch nehmen.
Vorteile | Nachteile |
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Das sind die Vorteile:
1. Geringerer Kaufpreis: Ein Haus mit Erbbaurecht zu kaufen, ist im Vergleich zu einem regulären Hauskauf zusammen mit dem Erwerb des Grundstücks günstiger. Denn Sie müssen nur den niedriger angesetzten Preis der Immobilie, die Kaufnebenkosten sowie regelmäßige Pachtgebühren aufbringen – eine Finanzierung des Grundstücks entfällt. Mit dem Erbbaurecht soll finanziell schwächeren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit geboten werden, ein Eigenheim zu finanzieren, um den Wohnungsbau zu fördern.
2. Niedrigere Kaufnebenkosten: Auch die Nebenkosten beim Hauskauf fallen niedriger aus. Sie müssen zwar z. B. die Grunderwerbsteuer zahlen, obwohl sie das Grundstück nicht erwerben, doch die Gebühr fällt deutlich geringer aus. Sie richtet sich nach der Höhe des Erbbauzinses und der Dauer des Erbbaurechts.
3. Langfristige Planungen möglich: Aufgrund der Dauer über viele Jahrzehnte können Sie langfristig planen. Sie wissen genau, wie lange Ihr Nutzungsrecht gilt und können rechtzeitig entscheiden, ob sie es aufgeben oder verlängern wollen – für sich selbst oder für Ihre Kinder oder andere Erbinnen und Erben.
4. Vorkaufsrecht: Lassen Sie sich in den Erbbaurechtsvertrag ein Vorkaufsrecht für das Erbpachtgrundstück bzw. das Erbbaugrundstück eintragen. Verkauft die oder der Erbbaugebende das Grundstück, geht das Angebot des Grundstückskaufs zuerst an Sie.
Machen Sie sich vor dem Vertragsabschluss eines Erbbaurechts jedoch auch mögliche Nachteile bewusst:
1. Regelmäßige Zahlungen: Während Sie bei einer üblichen Baufinanzierung Ihr Darlehen durch die Zahlungen Stück für Stück tilgen, bestehen Zahlungen wie des Erbbauzinses bei einem Erbbaurecht über die gesamte Laufzeit konstant fort. Der Erbbauzins wird für die Nutzung des Erbbaurechts erhoben und richtet sich nach individuellen Vereinbarungen im Erbbaurechtsvertrag. In der Regel werden für den Erbbauzins jährlich 3 bis 5 % des Bodenwerts erhoben. Zudem kann die Verpächterin oder der Verpächter den Zinssatz entsprechend der vertraglichen Erhöhungsvereinbarung alle drei Jahre erhöhen.
2. Zeitliche Begrenzung: Ein Erbbaurecht erwerben Sie nicht automatisch lebenslang und darüber hinaus zur Vererbung, sondern für einen konkreten Zeitraum. Dieser ist jedoch oft sehr hoch angesetzt und kann bis zu 99 Jahre betragen.
3. Steuern: Neben dem Immobilienkaufpreis müssen Sie auch beim Erbbaurecht Steuern zahlen. Dazu gehört die Grundsteuer, die normalerweise die Eigentümerin oder der Eigentümer des Grundstücks zahlt. Beim Erbbaurecht erfolgt diese Zahlung von der oder dem Grundstücksnutzenden.
4. Zustimmung des Erbbaugebers: Da Sie das Grundstück nicht besitzen, sondern nur gepachtet haben, brauchen Sie die Zustimmung der Erbbaugeberin oder des Erbbaugebers zu allen Entscheidungen bezüglich Ihrer Immobilie. Beispielsweise muss er oder sie bei einem Verkauf Ihres Hauses einverstanden sein. Auch Sanierungen oder umfangreiche Modernisierungen können Sie nicht ohne Zustimmung durchführen oder Ihr Erbbaurecht z. B. mit einer Grundschuld belasten – zum Schutz der Grundstückseigentümerin oder des Grundstückseigentümers, die diese Belastungen bei Ende des Vertrages übernehmen müssen.
Ob es sich lohnt, ein Haus mit Erbbaurecht zu kaufen, hängt von Ihren individuellen Voraussetzungen ab. Wägen Sie die baulichen und finanziellen Verpflichtungen sorgfältig ab, bevor Sie sich für oder gegen ein Erbbaurecht entscheiden. Gerne unterstützen unsere Maklerinnen und Makler Sie bei der Entscheidung.
Erbbaurecht verkaufen oder aufheben – die Möglichkeiten
Sie können aus dem Vertrag nur unter bestimmten Bedingungen aussteigen und Ihr Haus mit Erbbaurecht verkaufen. Das müssen Sie beachten:
- Sie müssen die Immobilie in der Regel zunächst der Verpächterin oder dem Verpächter zum Kauf anbieten – sie oder er hat meist das Vorkaufsrecht.
- Erst bei einer Ablehnung dürfen Sie die Immobilie auf dem Markt veräußern. Dabei muss auch die Erbbaugeberin oder der Erbbaugeber mit der neuen Käuferin oder dem neuen Käufer einverstanden sein. Bei einem Verkauf bleibt der Erbbauvertrag bestehen und geht an die neue Eigentümerin oder den neuen Eigentümer über.
- Es besteht auch die Option, dass Sie den Vertrag kündigen – dafür müssen beide Vertragsparteien einverstanden sein. Dann erhält die oder der Erbbauberechtigte eine Entschädigung in Höhe von zwei Dritteln des Verkehrswerts der Immobilie.
- Möglich ist auch, dass Ihnen die Erbbaugeberin oder der Erbbaugeber kündigt, etwa wegen Eigenbedarfs, weil Sie den Erbbauzins mindestens zwei Jahre nicht mehr gezahlt haben oder eine Verwahrlosung des Grundstücks besteht. Bei einer Kündigung geht die Immobilie in den Besitz der Verpächterin oder des Verpächters über, der oder die Sie entsprechend dem Immobilienzustand und dem Wert entschädigen muss. Diese Übertragung des Erbbaurechts auf die ursprüngliche Rechtsinhaberin oder den ursprünglichen Rechtsinhaber wird Heimfall genannt.
Erbbaurecht: Was passiert nach dem Ablauf bzw. nach dem Tod?
Im Erbbaurecht gibt es verschiedene Bestimmungen bezüglich des Bauwerks des Erbbaugrundstücks nach Ende der Vertragslaufzeit oder nach dem Tod der Eigentümerin oder des Eigentümers der Immobilie:
- Nach Ablauf der Laufzeit des Erbbauvertrags geht die errichtete Immobilie automatisch an die Grundstückseigentümerin oder den Grundstückseigentümer über. In diesem Fall bekommen Sie zwei Drittel des Verkehrswerts des Gebäudes als Entschädigung zugeschrieben. Um das Auslaufen des Vertrags und somit den Verlust der Immobilie zu vermeiden, vereinbaren Sie rechtzeitig eine Verlängerung des Erbbaurechtsvertrages.
- Verstirbt die oder der Erbbauberechtigte, werden das Bauwerk und das Erbbaurecht vererbt. Die Erbin oder der Erbe übernimmt den Vertrag zu den gleichen Konditionen. Ist im Vertrag beispielsweise eine Laufzeit von 99 Jahren vereinbart und die oder der Erbbauberechtigte stirbt nach 50 Jahren Nutzung, übernimmt die Erbin oder der Erbe die Restlaufzeit von 49 Jahren.
Der Erbbau hat Vor- und Nachteile und lohnt sich vor allem für Familien mit wenig Eigenkapital. Haben Sie Fragen zum Erbbaurecht? Wir sind gerne für Sie da!