BVS-Gewebetechnik – Stoffe mit Anspruch

Ob Arbeitskleidung, Körnerkissen oder individuelle Bepolsterung für Rollstühle, unser Gründer Rolf Gramsch hat sich in alle Themengebiete eingearbeitet. Wir haben ihn an seinem Standort an der Stadtheider Straße besucht.

Mit intelligenten Stoffen Probleme lösen

„Geht nicht, gibt´s nicht“ – so könnte das Geschäftsmotto der Bielefelder BVS-Gewebetechnik GmbH lauten. Aktuell tüftelt Rolf Gramsch, geschäftsführender Gesellschafter, gemeinsam mit Stoffproduzenten an einem schnittsicheren Stoff: nicht etwa für die Arbeitskleidung von Waldarbeitern oder Fleischern, sondern für Rettungssanitäter, die im Einsatz zunehmend mit Angriffen konfrontiert sind.

Seit 30 Jahren fertigt, kommissioniert und handelt der Gewebetechnik-Fachbetrieb in Bielefeld Gewebe und Textilien, die in vielen technischen Anwendungsbereichen Absatz finden. 2021 übernahm Rolf Gramsch das Unternehmen. „Für mich war das ein kompletter Neustart“, berichtet der 57-Jährige. Nach 20 Jahren als Produktionsleiter eines großen Rasterwalzen-Herstellers wollte er die verbliebenden Jahre seiner Berufstätigkeit gern selbständig und nicht mehr „unter der Knute eines Chefs“ verbringen. Auf Portalen für Unternehmensnachfolge im Internet schaute er sich deshalb nach Betrieben um, die einen neuen Eigentümer suchten. Im Textilbereich landete er eher zufällig: „Ich habe mir auch einen Baumarkt und Imbisse angeschaut“, erinnert er sich schmunzelnd.

Tief in Materie eingearbeitet

Wenn man Rolf Gramsch mit Fachbegriffen wie „Abstandsgewebe“, „Zytotoxizitätstest“ oder „Stoffdichte“ jonglieren hört, meint man, er hätte in seinem Berufsleben nie mit etwas anderem zu tun gehabt. „Auch Gewebe haben viel mit Technik zu tun“, erklärt der gelernte KFZ-Mechaniker und REFA-Techniker, der in unterschiedlichen technischen Feldern tätig war. Wie ist das Garn konzipiert? Wird der Stoff gestrickt, gewebt oder gewirkt? Wird er durch eine spezielle Ausrüstung reißfest, lichtecht, flammhemmend oder biokompatibel? „Hierfür nützt mir mein technisches Vorwissen enorm“, so Gramsch. In Gesprächen mit seinen Produzenten kann er sich schnell in die Maschinen und die Produktionsweisen eindenken und hat einen Blick für das, was machbar ist und was nicht.  Gerade im ersten Jahr, so der Geschäftsführer, habe er die für die BVS produzierenden Unternehmen, die sich übrigens alle in Europa befinden, besucht und „lange, tiefe Gespräche“ geführt. Gramsch ist sich sicher, dass sich diese Zeitinvestition auszahlt. „Ich baue auf langfristige Geschäftsbeziehungen“. Maßgeschneiderte Problemlösungen könne er seinen Kunden nur bieten, wenn er sich gut in der Materie auskenne. 

Modische Workwear statt Blaumann

Im Bereich Arbeitskleidung, in dem die BVS seit ihrer Gründung vor 30 Jahren vor allem tätig ist, hat sich viel verändert. Aus dem klassischen Blaumann ist mittlerweile modische Workwear in allen erdenklichen Farben geworden. „Neben der Schutzfunktion, die durch zahlreiche DIN-Normen vorgeschrieben ist, müssen die Stoffe außerdem bequem sein und sich gut anfühlen“, so Gramsch. In enger Zusammenarbeit mit den Konfektionären, welche die Kleidung nähen, sucht er anhand der technischen Anforderungen nach passenden Stoffen. Gibt es diese nicht, kann er sie bei seinen Produktionsstätten anfertigen lassen. „Dafür muss ich natürlich wissen, was dort technisch machbar ist und was nicht.“ 

Expertise wichtiger als Alter

Das große Fachwissen und die Bereitschaft, sich ganz tief in die Materie einzuarbeiten, überzeugten auch Tanja Siepke vom GründerCenter der Sparkasse Bielefeld. Die Sparkasse war Gramsch´ Partner bei der Finanzierung seines beruflichen Neustarts. „Ich habe hier, anders als bei den anderen angefragten Banken, schnell ein großes Vertrauen in meine Person und mein Vorhaben gespürt“, erzählt Gramsch und lobt die „exzellente Beratung“. Auch für die Gründerberaterin war die Geschäftsübernahme durch den branchenfremden Best Ager kein alltäglicher Fall. „Wir schauen bei Gründerinnen und Gründern nicht nur auf das Alter“, erläutert Tanja Siepke. „Ausschlaggebend war das große persönliche Engagement des Geschäftsführers und seine gute Vorbereitung.“ 
Als Angestellter hatte Gramsch zuletzt 120 Mitarbeitende geführt. Jetzt als Arbeitgeber für zehn Mitarbeitende verantwortlich zu sein, ist auch für ihn eine neue Erfahrung. Bereitete ihm diese Aufgabe zu Beginn schlaflose Nächte? „Nein“, antwortet Gramsch ohne zu zögern. „Natürlich denkt man darüber nach, was passiert, wenn es nicht klappt. Doch war ich immer überzeugt von dem, was ich tue.“ Mittlerweile konnte er sogar zwei zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

Expansion in den Gesundheitsbereich

Anfang 2023 konnte der Gründer durch die Übernahme der Osnabrücker Firma A-Tex, einem ehemaligen Abnehmer der BVS, bereits expandieren. Kamen bisher die Kunden der BVS vor allem aus den Bereichen Feuerwehr, Landwirtschaft, Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt oder Bauwesen, werden durch den Firmenzukauf auch Vorprodukte für Krankenhauswäsche, Rollstühle und Sitzschalen geliefert. Hier zählen neben den technischen Spezifikationen, wie Scheuerfestigkeit, Wasserdurchlässigkeit oder Entflammbarkeit, auch hygienische Aspekte sowie das Design des Stoffes. „Der Gesundheits- und Reha-Bereich entwickelt sich gerade stark“, so Gramsch´ Beobachtung. Durch stärkere Individualisierung der Produkte, wie zum Beispiel auf Maß produzierte Rollstuhlkissen, entstünden auch für die BVS ganz neue Märkte.

Körner- und Kräuterkissen

Auch ein weiteres Standbein der A-Tex, die Bio-Körnerkissenproduktion, will Gramsch weitentwickeln. Die in Behindertenwerkstätten produzierten Dinkel-, Roggen- oder Kirschkernkissen sind eine Alternative zur klassischen Wärmflasche und werden über Reformhäuser und Apotheken vertrieben. „Eine Idee ist es, die Kissen auch mit beruhigenden oder belebenden Kräutern zu füllen“, so Gramsch. Auch einen neuen Absatzkanal für die Wellnesskissen hat er schon im Blick: die Anbieter von Kundengeschenken. „Warum sollte man nicht auch mal ein solches Kissen in einen Geschenkkorb packen?“. „Geht nicht – gibt’s nicht“, das gilt für den engagierten Gründer Gramsch auch in diesem Bereich.

Neuigkeiten